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Dr. Stephan Hofmeister: „Arbeitszeitwende für mehr Flexibilität.“

„Die freiberuflichen Praxen, Kanzleien, Büros und Apotheken stehen unter Druck. Der Ressourcenmangel – getrieben durch Fachkräftemangel und überbordende Bürokratie – bringt die Freiberuflerinnen und Freiberufler längst an ihre Belastungsgrenzen. Frühere Umfragen zeigen: Der Fachkräftemangel bremst unsere Wirtschaftsleistung um jährlich 16 Milliarden Euro. Während 27 Prozent der Arbeitszeit für Bürokratie aufgewendet werden, die nicht zu den Kernaspekten ihrer freiberuflichen Tätigkeit zählt, arbeitet jede beziehungsweise jeder Dritte bereits über Anschlag. Das ist ineffizient und demotivierend.

Trotzdem begegnen Freiberuflerinnen und Freiberufler dieser Situation mit hoher Flexibilität. Das bestätigt auch die aktuelle Sonderauswertung unserer jüngsten Konjunkturumfrage: Als Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber setzen die Freien Berufe auf Eigenverantwortung, Vertrauen und eine moderne Arbeitskultur. Wo es möglich ist, bieten sie etwa Gleitzeit, Teilzeit oder eine Vier-Tage-Woche an – und schaffen so nicht nur Freiräume, sondern auch attraktive Arbeitsplätze. Flexible Modelle und echte Wertschätzung sind entscheidend, um qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen sowie zu halten und den Teamgeist zu stärken“, so BFB-Präsident Dr. Stephan Hofmeister zu den Ergebnissen einer Sonderauswertung der BFB-Konjunkturumfrage Sommer 2025.

„Die im Koalitionsvertrag angekündigte Reform der täglichen Höchstarbeitszeit hin zu einem flexiblen, wochenbasierten Modell muss so umgesetzt werden, dass sie in der Praxis greift – mit Spielraum etwa für Projektspitzen, Belastungsphasen oder Notdienste – und den Verwaltungsaufwand spürbar verringert. Statt neue bürokratische Belastungen zu schaffen – wie etwa durch das geplante Tariftreuegesetz in seiner jetzigen Form – braucht es gezielte Entlastungen. Eine leistungsfähige, digitale Verwaltung ohne Medienbrüche ist dafür Grundvoraussetzung. Flexible Arbeitszeiten sind zudem ein Schlüssel zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wobei eine verlässliche Kinderbetreuung – auch zu Randzeiten und für alle Altersgruppen – ebenso wichtig ist.

Viele Lösungsansätze sind im Koalitionsvertrag angelegt. Doch es fehlt an der Umsetzung. Die Bundesregierung muss jetzt handeln und den Rahmen schaffen, in dem wir Freie Berufe unsere Potenziale entfalten können – auch im Interesse unserer Teams, Patientinnen, Mandanten, Klientinnen und Kunden, der übrigen Wirtschaft und der Gesellschaft.“

Ergebnisse:

Breites Spektrum an Arbeitszeitmodellen
Fast neun von zehn Befragten (86,4 Prozent) ermöglichen ihren Mitarbeitenden Teilzeitoptionen. Knapp zwei Drittel bieten flexible Pausengestaltung (64 Prozent) und Gleitzeit (62,8 Prozent) an. Für knapp die Hälfte ist die Vier-Tage-Woche (49,3 Prozent) umsetzbar. Arbeitszeitkonten (44,8 Prozent) und die Möglichkeit zu unbezahltem Urlaub (43,9 Prozent) gehören bei vielen zum Angebot, ebenso wie eine flexible Einteilung der täglichen Arbeitszeit (39,8 Prozent). Wo es die Tätigkeit erlaubt, setzen Freie Berufe moderne Arbeitszeitmodelle um – selbst in Teams mit starker persönlicher Präsenz und direktem Kontakt zu Patientinnen, Mandanten, Klientinnen und Kunden.

Für modernes Arbeiten sind drei Aspekte für die Abläufe im Betrieb besonders wichtig:
1. Vor allem wünschen sich die Freiberuflerinnen und Freiberufler mehr medienbruchfreie digitale Prozesse – besonders auch bei Empfängern wie Behörden –, um Abläufe zu erleichtern und zu beschleunigen.
2. Ebenso zentral sind praxistaugliche Arbeitszeitmodelle, die den freiberuflichen Praxen, Kanzleien, Büros und Apotheken sowie ihren Beschäftigten mehr Flexibilität ermöglichen.
3. Überdies sind für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch eine verlässliche Kinderbetreuung und weitere Unterstützungsangebote wichtig.

Für modernes Arbeiten sind folgende grundlegende Rahmenbedingungen entscheidend:
1. Der Abbau bürokratischer Hürden
2. Eine angemessene und auskömmliche Vergütung
3. Der Zugang zu qualifizierten Fachkräften

Zentrale Elemente der Mitarbeiterführung und -entwicklung
Offene Kommunikation hat bei Freiberuflerinnen und Freiberuflern mit Mitarbeitenden einen hohen Stellenwert: 93,7 Prozent der Befragten geben an, dass der Austausch zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden offen gestaltet wird, 87,3 Prozent bestätigen dies auch für die Kommunikation im Kollegenkreis. Auch Wertschätzung und Lob sind fest verankert – 83,1 Prozent geben an, dass diese aktiv vermittelt werden. Zudem prägt eine hohe Eigenverantwortung (81,5 Prozent) die Arbeitskultur vieler freiberuflicher Betriebe.

Weiterbildung
Freiberuflerinnen und Freiberufler motivieren ihre Mitarbeitenden gezielt zur Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen (77,8 Prozent) und informieren sie über die vielfältigen Angebote (71,5 Prozent). Die Kosten werden dabei meist vollständig (70,5 Prozent) oder zumindest teilweise übernommen. Auch eine Freistellung für die Weiterbildungszeiten wird häufig (62,8 Prozent) ermöglicht.

Über die Umfrage
Sonderteil zu modernem Arbeiten auf Basis der BFB-Konjunkturumfrage Sommer 2025 des Instituts für Freie Berufe (IFB) im Auftrag des BFB vom 17. März bis 28. April 2025 unter rund 1.700 Freiberuflerinnen und Freiberuflern.

Über den BFB:

Der Bundesverband der Freien Berufe e. V. (BFB) vertritt als einziger Spitzenverband der freiberuflichen Kammern und Verbände die Interessen der Freien Berufe, darunter sowohl Selbstständige als auch Angestellte, in Deutschland. Allein die rund 1,48 Millionen selbstständigen Freiberuflerinnen und Freiberufler steuern knapp zehn Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Sie beschäftigen über 4,7 Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – darunter ca. 129.000 Auszubildende. Die Bedeutung der Freien Berufe für Wirtschaft und Gesellschaft geht jedoch weit über ökonomische Aspekte hinaus: Die Gemeinwohlorientierung ist ein Alleinstellungsmerkmal der Freien Berufe.