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Prof. Dr. Ewer: „Konzept für den Wiederaufbau der Wirtschaft vorbereiten.“

Im Rahmen der Vorstellung der Ergebnisse der BFB-Konjunkturumfrage Sommer 2021 begrüßt der BFB die jüngst von der Bundesregierung avisierte Verlängerung und Verbesserung von Überbrückungshilfe und Neustarthilfe. Gerade die Erhöhung und Verlängerung hatte der BFB mit Blick auf die von Corona betroffenen kleinen Freiberufler-Einheiten und Solo-Selbstständigen bewusst wiederholt gefordert.

„Jeder dritte betroffene Freiberufler gibt an, dass er das Jahr 2020 ohne Hilfsgelder nicht überstanden hätte. Daraus folgt auch, dass die Hilfsinstrumente, wo es noch nötig ist, verlängert und optimiert werden müssen. Der BFB begrüßt die jüngst von der Bundesregierung avisierte Verlängerung und Verbesserung von Überbrückungshilfe und Neustarthilfe. Gerade die Erhöhung und Verlängerung hatte der BFB mit Blick auf die von Corona betroffenen kleinen Freiberufler-Einheiten und Solo-Selbstständigen bewusst wiederholt gefordert. Wenn das erweiterte Zeitfenster bis Ende September nicht reicht, muss nachgelegt werden. Ergänzend zu diesen Reparaturmaßnahmen müssen wir den Blick nach vorne richten, um die durch Corona verursachten und verstärkten Herausforderungen strukturell zu gestalten, seien es die fortschreitende Digitalisierung oder die Fachkräftesicherung“, so BFB-Präsident Prof. Dr. Wolfgang Ewer.

Und sagt weiter: „Schon jetzt gilt es, nicht mehr auf Sicht zu fahren, sondern grundsätzlicher und konzeptioneller moderne wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen zu entwickeln. Diese zielen darauf ab, den Strukturwandel zu bewältigen, die Innovationsfähigkeit zu stärken sowie die wichtigen gesellschaftlichen Ziele einer leistungsfähigen Daseinsvorsorge, von Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu realisieren. Gerade die kleinen und mittleren Betriebe und Unternehmen leisten mit Agilität und Innovationsfähigkeit die Transformation – mehr als der öffentliche Sektor oder großindustrielle Strukturen.

Elemente dieser Rahmenbedingungen sind etwa der Ausbau und Beschleunigung von öffentlichen Investitionen, die Entlastung von Unternehmen, die Sicherung von Liquidität, die Stärkung von Eigenkapital und der Abbau von Bürokratie.

Bei den konzeptionellen Arbeiten ist die Politik im wahrsten Wortsinn bestens beraten, uns Freie Berufe weiter einzubeziehen und unsere herausragende Rolle anzuerkennen. Wir sind „nah am Menschen“, kennen deren Sorgen wie kein anderer Sektor und sind unverzichtbare Seismografen gerade für wirtschaftliche Entwicklungen.

Dies umso mehr, als die Freien Berufe auch bei der Aufgabe, für mehr Gründungsbereitschaft zu sorgen, viel Dynamik entfachen können: Acht von zehn selbstständigen Freiberuflern (80,2 Prozent) würden den Schritt in die Selbstständigkeit nochmals gehen. In Vor-Corona-Zeiten sagten dies 85,6 Prozent. Die Krise hat sie also nicht demoralisiert.

Der Vergleich zum Sommer 2019 und somit zur Zeit vor Corona zeigt eine nach wie vor deutliche Eintrübung der Lage: Rund jeder Fünfte stuft die eigene wirtschaftliche Situation aktuell als schlecht ein, im Vor-Krisen-Sommer waren es nur halb so viele. Diese Umfrage bestätigt erneut, dass die Lage bei den Freien Berufen und deren Betroffenheit variiert: Teile der Freien Berufe arbeiten weit über Anschlag, um die Folgen der Krise aufzufangen, dagegen bleibt die Situation bei anderen Freiberuflern brisant. Entlang der Ergebnisse zeichnet sich überdies ab, dass gerade Solo-Selbstständige, ganz junge Unternehmen und freie Kulturberufe kämpfen. Auch die Erwartungen für die kommenden sechs Monate bleiben noch hinter den Werten der Vor-Krisen-Zeit zurück. Damit überlagert die Skepsis weiterhin die Zuversicht. Die Unsicherheit bleibt und die Lage ist weiter angespannt. Hinter allen liegt eine bislang herausfordernde Zeit, für die in Not Geratenen und für die, deren Pensum enorm gestiegen ist. Teile derjenigen, die bislang gerade noch gut durch die Krise kommen, befürchten, dass sich auch ihre Lage durch ausbleibende Aufträge und Insolvenzen ihrer Auftraggeber zuspitzen könnte. Dies prägt auch die Personalplanung. Sie ist verhalten. Nachdem bereits Stellen abgebaut wurden, sind weitere rund 120.000 Stellen bedroht.“

Ergebnisse der BFB-Konjunkturumfrage Sommer 2021 im Einzelnen:

Aktuelle Geschäftslage
43,8 Prozent der befragten Freiberufler stufen ihre aktuelle Geschäftslage als gut ein, 34,9 Prozent als befriedigend und 21,3 Prozent als schlecht. Dies ist verglichen mit den Sommer-Werten 2020 eine Verbesserung: Vor einem Jahr lagen die Werte bei 28,5 Prozent (gut), 40,7 Prozent (befriedigend) und 30,8 Prozent (schlecht).

Alle vier Freiberufler-Gruppen beurteilen ihre aktuelle Lage besser als im Vorsommer: Am zufriedensten sind die befragten technisch-naturwissenschaftlichen Freiberufler, gefolgt von den rechts-, steuer- und wirtschaftsberatenden Freiberuflern, die freien Heilberufe und die freien Kulturberufe sind noch verhaltener.

Sechs-Monats-Prognose
Für das kommende Halbjahr erwarten 15 Prozent der Befragten eine günstigere, 63,8 Prozent eine gleichbleibende und 21,2 Prozent eine ungünstigere Entwicklung. Hier verbessern sich die Werte im Vergleich zum letztjährigen Sommer: Diese lagen bei 8,6 Prozent (günstiger), 34,6 Prozent (gleichbleibend) und 56,8 Prozent (ungünstiger).

Mit Blick auf das kommenden Halbjahr bleiben alle vier Freiberufler-Gruppen zurückhaltend, wenn auch nicht so sehr wie noch im Vorsommer: Am kritischsten sind die freien Kulturberufe, verhalten sind auch die freien Heilberufe, etwas zuversichtlicher sind die technisch-naturwissenschaftlichen und die rechts-, steuer- und wirtschaftsberatenden Freiberufler.

Personalplanung
15,7 Prozent der befragten Freiberufler gehen davon aus, binnen zwei Jahren mehr Mitarbeiter zu haben. 71,6 Prozent rechnen mit einer stabilen Personaldecke und 12,7 Prozent fürchten, Stellen abbauen zu müssen.

Konjunkturbarometer
Durch die Jahresvergleiche der BFB-Konjunkturbefragungen wird das Ausmaß der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie ersichtlich. Die Befragten schätzen das Geschäftsklima – mit Ausnahme des vergangenen Sommers – deutlich schlechter ein als in den Vorjahren und auch schlechter als in der gewerblichen Wirtschaft.

Aktuelle Auslastung der Kapazitäten
Auch hier spiegeln die Werte eine sich leicht aufhellende Situation – die Auslastung der Freiberufler nimmt wieder zu. Im Rahmen der aktuellen Befragung geben 26,6 Prozent der Befragten an, dass ihre Kapazitäten überschritten sind. Im vergangenen Sommer lag dieser Wert bei 14,1 Prozent. Des Weiteren sind aktuell 36 Prozent zu mehr als 75 bis zu 100 Prozent ausgelastet, 17 Prozent zu mehr als 50 bis zu 75 Prozent, 9,2 Prozent zu mehr als einem Viertel bis zur Hälfte und 11,2 Prozent bis zu einem Viertel. Von denjenigen, die überausgelastet sind, sind bei gut drei Viertel die Kapazitäten bis zu einem Viertel überschritten.

Perspektivische Auslastung
Auch hier gibt es eine leichte Erholung: Von denjenigen, die noch nicht überausgelastet sind, erwarten 4,9 Prozent, binnen der kommenden sechs Monate, und 7,1 Prozent, innerhalb der nächsten zwei Jahre über 100 Prozent ausgelastet zu sein. Diese Werte lagen im Sommer 2020 noch bei zwei und 5,3 Prozent.

Gründe für Überauslastung
Für 69,3 Prozent gründet die Überauslastung in einer zu hohen Nachfrage. 47,1 Prozent führen sie auf fehlende Fachkräfte und 13,3 Prozent auf fehlende weitere Mitarbeiter zurück.

Die freiberufliche Selbstständigkeit beeinflussende Faktoren
Hier rangieren die politischen Rahmenbedingungen auf Platz eins, gefolgt von einer ausreichenden Auslastung und der Herausforderung, ausreichend qualifiziertes Personal zu finden. Die Einwirkung der Digitalisierung auf ihr Geschäftsfeld ist für die Befragten am wenigsten maßgeblich.

Sonderteil Corona

Stellenabbau
Nachdem bereits Stellen abgebaut wurden, sind weitere rund 120.000 bedroht.

Veränderung des persönlichen Arbeitspensums gegenüber der Vor-Corona-Zeit
Gut jeder Dritte (36,6 Prozent) bestätigt, dass sein persönliches Arbeitspensum gestiegen ist. Bei knapp jedem Vierten (23,9 Prozent) ist es zurückgegangen, davon betroffen sind insbesondere Solo-Selbstständige und die freien Kulturberufe.

Veränderung des Auftragsvolumens
Im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit hat jeder Vierte (24,7 Prozent) mehr Aufträge. Jeder Dritte (33,8 Prozent) weniger. Betroffen sind insbesondere Solo-Selbstständige und die freien Kulturberufe.

Bei denjenigen, bei denen das Auftragsvolumen gestiegen ist, nahm es bei 3,9 Prozent um mehr als 75 Prozent zu, bei 2,3 Prozent um über 50 bis 75 Prozent, bei 30,2 Prozent um über 25 bis 50 Prozent sowie bei 63,6 Prozent um bis zu 25 Prozent.

Bei denjenigen, bei denen das Auftragsvolumen gesunken ist, nahm es bei 13,1 Prozent um mehr als 75 Prozent ab, bei 31,1 Prozent um über 50 bis 75 Prozent, bei 29,9 Prozent um über 25 bis 50 Prozent sowie bei 25,9 Prozent um bis zu 25 Prozent.

Finanzielle Notwendigkeit der Hilfsprogramme
Jeder dritte Befragte (35,6 Prozent), der Hilfen erhalten hat, gibt an, dass er das Jahr 2020 ohne Hilfsgelder nicht überstanden hätte, 64,4 Prozent schon. Dies gilt insbesondere für die freien Kulturberufe und Solo-Selbstständige.

Entwicklung Eigenkapital
Bei jedem dritten Befragten (34,2 Prozent) nahm das Eigenkapital ab, bei 52 Prozent blieb es gleich und bei 13,8 Prozent nahm es zu.

Personalpolitische Maßnahmen
Um die Krise abzufedern, bauten 31,3 Prozent Überstunden ab, 27 Prozent verzichteten auf Personalaufstockung, 25,1 Prozent beantragten Kurzarbeitergeld, 24,1 Prozent bauten Urlaub ab, 10,1 Prozent besetzten freie Stellen nicht nach, und 8,7 Prozent mussten betriebsbedingt kündigen. Bei 20,7 Prozent ging das Team komplett ins Homeoffice, bei 22,1 Prozent zur Hälfte und bei 13,5 Prozent zu 25 Prozent.

Veränderungen im Unternehmen
Die Freiberufler haben im Rahmen der Pandemie vor allem auf Digitalisierung gesetzt: Knapp 20 Prozent der Befragten haben den kompletten Arbeitsprozess digitalisiert; über 40 Prozent nutzen vermehrt Videokonferenzen und kommunizieren per E-Mail. Bei 36 Prozent der Teilnehmer sind zudem Chatfunktionen innerhalb der Teams an der Tagesordnung.

Selbstständigkeit
21,4 Prozent sind sehr zufrieden mit ihrer beruflichen Tätigkeit, 51,5 Prozent sind eher zufrieden, 20,6 Prozent eher nicht zufrieden und 6,5 Prozent sehr unzufrieden. Trotz Corona sind drei von vier Befragten zufrieden.

80,2 Prozent würden den Schritt in die Selbstständigkeit nochmals wagen, 19,8 Prozent nicht. Hier hat sich die Situation nicht sehr gravierend eingetrübt. Bei einer Befragung in Vor-Corona-Zeiten sagten 85,6 Prozent, dass sie sich nochmals selbstständig machen würden. Das sind aktuell 5,4 Prozentpunkte weniger.

Über die Umfrage
Repräsentative Umfrage des Instituts für Freie Berufe (IFB) im Auftrag des BFB, durchgeführt vom 15. März bis 2. Mai 2021 unter knapp 1.100 Freiberuflern zur Einschätzung ihrer aktuellen wirtschaftlichen Lage, der voraussichtlichen Geschäftsentwicklung in den kommenden sechs Monaten, ihrer Personalplanung und Kapazitätsauslastung. Im Sonderteil wurden die Auswirkungen der Corona-Krise und verschiedene verknüpfte Aspekte vertieft betrachtet. Die Daten wurden erhoben, als Einschränkungen weiter griffen.