Statements

BFB-Präsident Prof. Dr. Wolfgang Ewer im Vorfeld des Treffens des Koalitionsausschusses

„Die Bundesregierung setzt alles daran, Unternehmen am Markt zu halten und durch die Krise angeschlagene Firmen wieder fit zu machen. Dabei hat sie auch die Freien Berufe im Blick. Das begrüßen wir ausdrücklich. Um unternehmerische Liquidität und Arbeitsplätze zu sichern, muss aber bei den Hilfsprogrammen nachgesteuert werden, damit aus einer entstandenen Mittelstandslücke nicht eine reale Pleitenwelle wird.

Erfahrungen zeigen jetzt, dass die befürchtete Mittelstandslücke ganz real wird, vor allem bei der Corona-Soforthilfe, die Teile der Freiberufler nicht in Anspruch nehmen können, weil die Fristen zu kurz sind. Die Folgen der krisenbedingten Einschränkungen werden Teile der Freien Berufe erst in zwei, vielleicht drei Monaten treffen. Das gilt für diejenigen Freiberufler, die erst nachlaufend, das heißt nach Abschluss ihre Leistungen in Rechnung stellen. Bei ihnen drohen Umsätze und Liquidität zeitversetzt wegzubrechen. Um das abzufedern, fordern wir, die Soforthilfe des Bundes um drei Monate zu verlängern und finanziell weiter zu unterlegen. Anträge sollten also nicht nur bis Ende Mai, sondern bis Ende August gestellt werden können. Zu prüfen ist ferner die Ausweitung der Corona-Soforthilfe auch für den Lebensunterhalt, nicht nur für Betriebsmittel. Viele Solo-Freiberufler oder solche mit wenigen Mitarbeitern nutzen die Einnahmen direkt zur Deckung des laufenden Lebensunterhalts. Der Verweis auf einen Anspruch auf den Bezug von ALG II, dessen Voraussetzungen deutlich vereinfacht wurden, nutzt aber bei den Vorlaufzeiten der Prüfung im Vergleich zur Corona-Soforthilfe nichts, wenn die Insolvenz vor der Tür steht. Dies trifft besonders Freiberufler im kreativen Bereich, die unmittelbar und ohne eigenes Verschulden von Aufführungs- und Veranstaltungsverboten, von Bühnen- und Eventschließungen betroffen sind.

Überdies schließt der KfW-Schnellkredit die Mittelstandslücke in den Hilfsprogrammen nicht komplett. Er gilt nur für Betriebe ab zehn Beschäftigen aufwärts. So können Kleinstunternehmen nicht auf die nun zu 100 Prozent staatlich garantierte Kreditlinie der KfW zurückgreifen. Abhilfe schaffen kann ein ergänzendes Angebot der Bürgschaftsbanken, das ebenfalls einen 100 Prozent garantierten Verbürgungsrahmen vorsieht. Ein Konzept, das auch das Institut für Mittelstandsforschung Bonn begrüßt. Dadurch würde den Unternehmen mit bis zu neun Mitarbeitern überhaupt erst die Aufnahme entsprechender Kredite ermöglicht. Dieses Angebot würde den KfW-Schnellkredit sinnvoll ergänzen. Viele Antragsteller machen die Erfahrung, dass die Hausbanken ausgesprochen reserviert bei den Kreditanfragen sind, weil sie in keinerlei Risiko gehen wollen. Diese bleiben ebenso aufgefordert, ihr sehr restriktives Vorgehen zu stoppen wie auch die KfW, die Hausbanken noch nachdrücklicher zu unterstützen.

Wesentlich ist zudem, dass der Staat handlungsfähig bleibt und seine Dienstleistungsfunktion wieder hochfährt, also von Notbetrieb auf Volllast umstellt. Derzeit fallen viele Verwaltungsleistungen aus, die für die Wertschöpfung existenziell sind. Überdies sollten Online-Lösungen vorangetrieben werden. Nur mit Hilfe der schnellen, umfassenden Digitalisierung sämtlicher Verwaltungsleistungen können wir Deutschland am Laufen halten, vor allem, wenn der Schutzkorridor sich noch über weitere Zeiträume erstrecken sollte.

Schließlich sind die akuten Hilfsmaßnahmen perspektivisch zu flankieren, indem auch geplante Belastungen heruntergefahren und ein beherzter Bürokratieabbau angegangen werden, um unsere mittelständische Wirtschaft dauerhaft zu stärken. Hier kann die Mittelstandsstrategie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie aus dem vergangenen Herbst wichtige Impulse liefern.“

 

Berlin, 22. April 2020